lospfade - Verstetigte Bürgerräte im politischen System der Bundesrepublik
Der politische Diskurs spiegelt die zunehmende Entfremdung von Wählenden und Gewählten und daraus resultierend eine Schwächung der demokratischen Legitimation. Wie kann diesem Befund entgegengewirkt werden? In jüngerer Zeit werden immer häufiger Bürgerräte als möglicher Lösungsansatz diskutiert. Die politische Diskussion über Sinn und Unsinn einzelner Bürgerräte darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die verfassungsrechtliche und politikwissenschaftliche Einordnung von Bürgerräten als dauerhafte Ergänzung des politischen Systems noch ganz am Anfang steht. In einem Symposium möchte der Verfassungsblog daher den Raum bieten, die Institutionalisierung von Bürgerräten mit Blick auf das Ob und das Wie sowohl verfassungsrechtlich als auch politik- und sozialwissenschaftlich einzuordnen.
Die Debatte beginnt bei der Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Institutionalisierung von Bürgerräten. Auch wenn es hierzu bereits verschiedene – meist positive – Meinungsbeiträge gibt, möchte das Symposium den Raum bieten, diese Frage noch einmal mit Blick auf folgende Aspekte aufzugreifen: Erlaubt das Grundgesetz nach jetzigem Stand eine Institutionalisierung von Bürgerräten? Wenn nein, wäre eine entsprechende Verfassungsänderung möglich bzw. wie könnte diese aussehen? Sofern das GG für eine entsprechende Institutionalisierung offen ist, müsste dessen Umsetzung (einfach-) gesetzlich geregelt werden? Diese verfassungsrechtliche Bewertung umfasst letztlich auch die (demokratietheoretische) Frage, wie Bürgerräte in das bestehende grundgesetzliche Repräsentativsystem bzw. das (ggf. verfassungsrechtlich und politikwissenschaftlich differierende) Demokratieverständnis eingebettet sind. Damit verbunden ist zugleich die Frage, welche Funktionen den Bürgerräten zugewiesen werden können. Dem schließt sich die Frage nach der Regulierung von Bürgerräten an: Umstritten sind insbesondere Verfahrensanforderungen, u.a. Einrichtung, Beauftragung und Durchführung, Formulierung des Diskussionsgegenstandes, Auswahl der Experten, Frage- und Rederechte, Entscheidungsfindung und spätere Befassung im Parlament. Formale Standards können mit Blick auf die sozialwissenschaftlichen Kriterien einer „guten Partizipation“ ebenso konkretisiert werden wie aus den verfassungsrechtlichen Maßstäben des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips. Da es sich bei Bürgerräten um neue Ausgestaltungsformen der Bürgerbeteiligung handelt, möchte das Symposium auch explizit dazu auffordern, den vorhandenen Möglichkeitsraum auszuloten. Wie lassen sich Bürgerräte weiterentwickeln oder gestalten?
Die Beiträge sind bis zum 31.01. an Daniela Winkler (daniela.winkler@ivr.uni-stuttgart.de) oder Marc Zeccola (marc.zeccola@ivr.uni-stuttgart.de) zu senden. Sie dürfen einen Umfang von 2000 Wörtern nicht überschreiten. Bitte beachten Sie außerdem die Anforderungen des Verfassungblogs für Blogartikel. Die Auswahl findet nach den Kriterien der thematischen Relevanz und wissenschaftlicher Exzellenz statt. Eine Veröffentlichung ist für März 2025 geplant.